Joseph Haydns B-Dur-Quartett („Der Sonnenaufgang“) gehört zu den Quartetten op. 76, die zusammen mit der Serie op. 77 wohl den Streichquartett-Höhepunkt des 18. Jahrhunderts darstellen.

In seinem Entstehungsjahr 1797 lag das Thema des Sonnenaufgangs geradezu „in der Luft“, denn im Geiste der noch tobenden französischen Revolution hofften in ganz Europa Viele auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Haydns Musik strebte in dieser Phase fast ausnahmslos von der Dunkelheit zum Licht, womit der Komponist – u.a. im zeitgleich entstandenen Oratorium „Die Schöpfung“ – den gesellschaftlichen Nerv der Epoche traf. Haydns Werk verrät allerdings nichts davon, dass der Komponist das hoffnungsvolle Sonnenaufgangsthema zu Papier brachte, als er selbst bereits mit den Schattenseiten des Alters zu kämpfen hatte.

In Oranienstein wird das Sonnenaufgangs-Quartett durch das französische „Quatuor Ébène“ erstrahlen. Nachdem das Ensemble ab 1999 die Musikwelt als junge Wilde aufrüttelte, ist es heute, nach 24 Jahren, zu einem der renommiertesten Streichquartette der internationalen Konzertpodien herangereift. Treu geblieben sind sich die Vier in ihrem vielschichtigen Umgang mit diversen Stilen und farbig zusammengestellten Programmen, in denen gerade die scharfen Kontraste das jeweilige Werk in besonderer Weise hervorheben. Auf Haydns „Sonnenaufgang“ folgen die unterhaltsamen und unbeschwerten Intermezzi von Benjamin Britten, bevor der phänomenale Streicherklang des „Quatuor Ébène“ die barocke Schlosskapelle mit Beethovens op. 130, einem der kühnsten Streichquartette des 19. Jahrhunderts, revolutionär erfüllen wird. Beethovens Werk wird dabei in seiner Urfassung mit „Großer Fuge“ op. 133 zu hören sein.